„Dermatologisch getestet“ oder „Hautverträglichkeit dermatologisch bestätigt“- egal, wo man hinsieht überall findet sich diese Info auf Produkten. Aber was bedeutet das genau und warum werben manche Marken damit und andere wiederrum gar nicht? Ist eine dermatologisch getestete Creme automatisch besser oder gar verträglicher als eine ohne diese Angabe? Als Inhaberin einer Hautpflegemarke und weil ich selbst dermatologische Tests für jedes meiner Produkte in Auftrag gegeben habe, möchte ich euch heute einen kleinen Einblick in diese Thematik geben.
Was passiert bei einem dermatologischen Test?
Als Auftraggeber*in muss man zunächst ein dermatologisches Institut finden, welches diesen Test durchführt. Dieses Institut erhält dann ein Muster vom zu testenden Produkt – samt INCI-Liste und Anwendungshinweisen. In den meisten Fällen wird ein Standard Epikutantest gemacht, bei dem das Ziel ist eventuelle Hautreizungen nachzuweisen. Hierbei werden 20 mg oder 20 μl des Produkts auf ein selbstklebendes Pflaster gegeben und auf die gesunde Haut (meistens im Rückenbereich) der Probanden angebracht. Das Pflaster soll die Aufnahme des Produkts intensivieren (das nennt man Okklusion). Nach 24, 48 und 72 Stunden werden die behandelten Areale von ausgebildeten Fachkräften begutachtet und dermatologisch ausgewertet.
Dermatologische Tests sind gesetzlich nicht genau reguliert …
… und das ist der Grund, warum ihr auf manch einem kosmetischen Mittel keine Informationen dazu findet, weil ein dermatologischer Test schlichtweg nicht vorgeschrieben ist. Die Kosten für solch einen Test belaufen sich auf drei- bis vierstellige Summen, je nachdem wie und wo man ihn durchführen lässt. Da ist es verständlich, dass Unternehmen „dermatologisch getestet“ auf ihre Produkte draufdrucken. Denn werben darf man damit nur, wenn solch ein Test auch erfolgt ist – alles andere wäre nämlich Irreführung.
Gut zu wissen
Wie aussagekräftg sind dermatologische Tests?
Eigentlich sind diese Tests nicht wirklich aussagekräftig – zumindest nicht für die Kundschaft. Denn es gibt unterschiedliche Möglichkeiten einen dermatologischen Test durchführen zu lassen. Der in Auftrag gegebene Test kann sich unter anderem hinsichtlich folgender Punkte unterscheiden:
- Probandenanzahl (wie viele Menschen haben an diesem Test teilgenommen?)
- Hauttyp der Probanden (divers, sensibel, atopisch?)
- Okklusionsdauer (24, 48 und 72 Stunden oder 48, 72, 96 Stunden?)
Je nach Produktart können wiederrum andere Tests in Betracht gezogen werden. Bei kosmetischen Mitteln, die nicht lange auf der Haut bleiben wie z. B. Reinigern eignet sich ein offener Epikutantest. Bei diesem Test erfolgt kein „abdichten“ des Hautareals mit einem Pflaster und das Produkt bleibt auch nicht so lange auf der Haut.
Die Ergebnisse des dermatologischen Tests werden in einem Protokoll zusammengefasst, in das man als Verbraucher*in in der Regel keine Einsicht bekommt. Am Ende steht nur „dermatologisch getestet“ auf der Creme oder dem Peeling. Aufgrund fehlender bzw. ungenauer Angaben seitens des Gesetzgebers auch bei eventuellen Hautreaktionen.
Testergebnisse am Beispiel meiner Vitamin C Creme
Bei meinem in Auftrag gegebenem dermatologischen Test haben 30 Probanden (Namen wurden natürlich anonymisiert) aus unterschiedlichen Altersgruppen und mit diversen Hauttypen (normal, fettig, trocken, empfindlich) teilgenommen. „Hautgesund“ bedeutet, dass die Haut nicht verletzt ist und auch keine klinischen Auffälligkeiten aufweist. In den letzten drei Spalten könnt ihr die abgelesene Hautreaktion nach Abnahme des Pflasters in einem bestimmten Zeitraum erkennen. Das – bedeutet in diesem Fall „keine Reaktion“. Nur der Transparenz wegen: dieses Ergebnis ist bei allen meinen Produkten rausgekommen. Hätte die Haut mit einer Rötung oder kleinen Bläschen auf das Produkt reagiert, könnte man das anhand eines + sehen. Je nach Ausmaß der Reaktion werden übrigens bis zu +++ vergeben. Solche Hautveränderungen sprechen in den meisten Fällen für eine allergische Reaktion.
Die Beurteilung erfolgt bei den meisten Instituten unter anderem auf Grundlage der International Contact Dermatitis Group (ICDG).
Unterschiedliche Reaktionen bei Epikutantests und deren Kennzeichnung (Quelle: Allergologie-Handbuch: Grundlagen und klinische Praxis herausgegeben von Joachim Saloga). a: mäßige allergische Testreaktion (+) b: deutliche allergische Testreaktion mit Papeln und Vesikeln (++) c: starke allergische Testreaktion mit beginnender Blasenbildung (+++) d: irritative Testreaktion mit scharf begrenztem Erythem (ir) e: follikuläre Testreaktion mit inselförmig verstreuten Papeln (f)
Sind diese Tests nun sinnlos?
Es kommt darauf an von welcher Seite man es betrachtet. Theoretisch gibt ein Unternehmen Geld für diesen Test aus, obwohl es eigentlich nicht unbedingt notwendig oder gar verpflichtend wäre. An diesem Punkt stand ich auch und habe euch vor meinem ersten dermatologischen Test auf Instagram nach eurer Meinung gefragt – die meisten haben dessen Durchführung befürwortet. Auch laut meiner aktuellen Umfrage ist die Grundstimmung gleich geblieben.
Ein dermatologischer Test baut bei mir ein gewisses Vertrauen auf, weil das Produkt immerhin auf die Haut einer bestimmten Anzahl von Menschen aufgetragen wurde und die Bereiche eine Zeit lang durch Fachkräfte unter Beobachtung standen. / Jana (PN auf Instagram)
Gut zu wissen
Auch wenn ein „dermatologisch getestet“ nicht gleichbedeutend mit „extrem hautverträglich“ ist, ist es eine gute Möglichkeit das eigene Produkt besser einordnen zu können. Auch für viele Kunden/Kundinnen spielen diese Tests nach wie vor eine wichtige Rolle. Optimal wäre es natürlich, wenn Marken ihre Ergebnisse und Testbedingungen offener kommunizieren um den Verbauchern/Verbraucherinnen eine gewisse Einschätzung zu ermöglichen – vor allem solange es keine allgemeingültigen Richtlinien seitens der EU gibt. Aber da das in nächster Zeit wahrscheinlich nicht passieren wird sollte man sich nicht einzig auf diesen Hinweis verlassen, in jedem Fall einen Blick auf die Inhaltsstoffe werfen und das Produkt selbst testen – vieles hängt nämlich auch von der Verwendungsdauer und selbstverständlich einem selbst ab.
Nur ein kleines Gedankenspiel am Ende des Beitrags: wie würde es aussehen, wenn Marken zu jedem einzelnen Produkt die Testergebnisse ihres dermatologischen Tests veröffentlichen? Es gibt Millionen Produkte auf dem Markt. Ihr erkennt das Problem, oder? Das Internet wäre voll von Dokumenten, welche die meisten wahrscheinlich nicht deuten könnten. Definitiv ein Thema, bei dem beide Seiten – sowohl die der Marke, als auch die des Konsumenten/der Konsumentin betrachtet werden müssen.